Das neue DB-Fernverkehrskonzept im Faktencheck

Die Deutsche Bahn AG präsentierte am 18. März ihre neue Strategie für den Schienenpersonenfernverkehr. Diese wurde in den Medien überwiegend positiv aufgenommen – was auch dazu beitrug, dass die eher trüben Zahlen, die der Bahnkonzern am Tag darauf auf der Bilanzpressekonferenz vorstellen musste, in den Hintergrund traten. Jede Strategie zur Ausweitung und Stärkung des Schienenverkehrs ist natürlich zu begrüßen. Einige Skepsis ist allerdings angebracht hinsichtlich der konkreten Vorschläge. Diese sind oft nicht neu und vor allem finanziell, materiell und personell nicht ausreichend untersetzt. Daher werden in diesem Faktencheck die Planungen der DB AG der realen Situation gegenübergestellt.

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Die Strategie der Bahn: Rückwärtsgang

„Unternehmen Zukunft“ – so sieht sich die Deutsche Bahn AG selbst gerne und untermalt dies mit Bildern von rasenden ICEs, glücklichen Reisenden und großen Kränen, die Container auf Eisenbahnwagen verladen. Tatsächlich verfolgt sie aber leider in vielen Bereichen eine reine Rückzugsstrategie. Statt innovative Konzepte zu entwickeln, mit denen neue Kundengruppen und Märkte erschlossen werden können, ist ihre einzige Antwort auf vermeintlich zu hohe Kosten in den meisten Fällen der teilweise oder völlige Rückzug aus ganzen Geschäftsbereichen. Aktuell trifft dies den Bereich des Nachtreise- und Autoverkehrs (siehe dazu auch Die Nachtzüge – schon wieder das Ende eines Zugsystems?). Von einem auf die Zukunft orientierten Unternehmen sollte man eigentlich genau das Gegenteil erwarten, nämlich neue Ideen zur Steigerung der Attraktivität, die zu mehr Fahrgästen bzw. Gütern, besserer Qualität, einem besseren Image und damit letztlich auch zu höheren Umsätzen führen.

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Mobilität und Gerechtigkeit

Als der ADAC ausgerechnet zur Zeit der Ölkrise 1974 mit dem Slogan „Freie Bürger fordern freie Fahrt“ gegen ein Tempolimit auf Autobahnen wetterte, brachte ihm das nicht nur Sympathien sondern auch zahlreiche Austritte ein. Anfang der 1990er Jahre postulierte der Jura-Professor Michael Ronellenfitsch ein allgemeingültiges „Recht auf Auto-Mobilität“ – mitsamt der notwendigen Abschaffung von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten, die „wie Krebsgeschwüre […] die Auto-Mobilität“ fräßen. [1] Die Existenz eines Grundrechts auf Mobilität ist unter Jurist(inn)en auch weiter heiß umstritten: Das Grundgesetz garantiert kein solches Recht, aber es wird immer wieder aus dem Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) oder dem auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) abgeleitet. Unabhängig davon ist es in der Gesellschaft aber weitgehend Konsens, dass zumindest moralisch alle Menschen ein Recht auf Mobilität im Sinne von Bewegungsfreiheit haben – nur ob diese unbedingt als Verkehr mit dem Auto stattfinden muss, daran scheiden sich die Geister. Die zentrale Frage dabei ist: Wem steht welche Art von Mobilität zur Verfügung und wer trägt auf der anderen Seite die Schäden, die der damit verbundene Verkehr verursacht? Beides ist in unserer Gesellschaft sehr ungleich verteilt.

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Erfolgreiche Bahnen: Privat muss nicht sein

Über den Erfolg der Bahnreform gibt es bekanntlich unterschiedliche Auffassungen (siehe dazu auch den Artikel 20 Jahre Bahnreform – 20 Jahre verfehlte Bahnpolitik). Einig sind sich jedoch fast alle, dass die Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ein Erfolg gewesen ist, denn dort sind die Fahrgastzahlen anders als im Fernverkehr immerhin eindeutig angestiegen: 1993 gab es noch gut 1,4 Milliarden Reisende im Nahverkehr, 2013 waren es schon mehr als 2,4 Milliarden; die Verkehrsleistung nahm im gleichen Zeitraum von 29,9 auf 52,2 Milliarden Personenkilometer zu (+75 Prozent).[1] Leider gibt es auch hier Schatten im Licht, da seit der Bahnreform eben auch weiterhin viele kleinere Strecken stillgelegt wurden – insgesamt mehr als 7000 Kilometer (17 Prozent des Streckennetzes), fast die Hälfte davon in den ostdeutschen Bundesländern. Aber offensichtlich hat doch immerhin in vielen, wenn auch nicht allen Regionen das geklappt, was man sich gewünscht hatte: Der Regionalverkehr ist attraktiv geworden und wird dementsprechend gut genutzt.

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Fahrradtransport mit der Bahn: unerwünscht

Fahrradreisen sind schwer im Trend: Es gibt inzwischen viele gut ausgebaute und beschilderte Fernradwege, auf denen es Spaß macht, über Tage und Wochen unterwegs zu sein. Es gibt spezielle Touren-Handbücher und Karten dazu, und Unterkünfte und Cafés haben sich auf die Radfahrenden spezialisiert. Trotzdem wird Radtourismus in den letzten Jahren in Deutschland immer schwieriger, und schuld daran ist die Bahn: Sie macht es den Kundinnen und Kunden nämlich zunehmend schwer, mit dem Fahrrad im Zug unterwegs zu sein, seit es mit dem Wegfall der InterRegios nur noch ein sehr löchriges Netz von Fernzügen mit Fahrradmitnahme im Land gibt. Und häufiges Umsteigen von einem Zug zum anderen ist mit Fahrrad und Gepäck keine gute Option – von den bekannten Verspätungsrisiken ganz abgesehen. Gleichzeitig ist der Zug eigentlich die perfekte An- und Abreise für einen Radurlaub, denn man kann zu einem Ort hin und von einem anderen Ort zurückfahren und mit viel Fahrrad und viel Gepäck im Zug unterwegs sein. Und nicht zuletzt gibt es eine wachsende Gruppe von Menschen, die bewusst ohne Auto leben und die oft genau solch einen Urlaub machen – und auf die Bahn als Zubringer angewiesen sind.

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Unübersichtlich und intransparent – Das Preissystem der Bahn benötigt einen Neustart

Es war einmal alles so einfach: Jeder Kilometer mit der Bahn hatte einen einheitlichen Preis, im IC oder ICE kostete es einen einmaligen bzw. kilometerabhängigen Zuschlag. Wer die Entfernung seiner Reise kannte, konnte sich den Fahrpreis also unkompliziert selbst ausrechnen. Mit der Einführung der BahnCard im Jahr 1992 kam noch eine wichtige Variante hinzu: Wer nämlich eine solche Karte kaufte, konnte dann das ganze Jahr zum halben Preis fahren – ein besonderes Angebot zur Kundenbindung von Vielfahrenden. Für diese BahnCard nach dem Vorbild des Schweizer Halbtax-Tickets hatten sich viele Bahnfreunde lange stark gemacht, um der Preisstruktur des Autos als Hauptkonkurrent der Bahn endlich etwas entgegensetzen zu können. Denn auch beim eigenen Pkw ist nach einer hohen Einmalinvestition am Anfang die einzelne Fahrt sehr günstig und wird von den Nutzenden sogar als noch günstiger wahrgenommen, weil sie meist nur die Spritkosten betrachten.

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Bitte umsteigen! 20 Jahre Bahnreform

Das Jahr 1994 brachte mit der Bahnreform und mit der Gründung der Deutschen Bahn AG die größte Veränderung im Verkehrsbereich seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Kritiker sahen in der Bahnreform allerdings bereits damals die Verschleierung der Bahnprivatisierung. Und sie sagten Verhältnisse voraus, wie es sie z.B. im Sommer 2013 in Mainz und Umgebung gab.
Inzwischen hat sich Ernüchterung breit gemacht: Nur im hoch subventionierten Nahverkehr gibt es eine Steigerung der Fahrgastzahlen. Die Qualität des Bahnverkehrs hat dramatisch abgenommen: Die Verspätungen nahmen zu, Ausfälle von Zügen sind heute an der Tagesordnung. Im Nahverkehr hat sich inzwischen ein Schein-Wettbewerb breitgemacht, in dem es vor allem um ein Drücken der Löhne geht. Inzwischen gibt es auch einen spürbaren Abbau der Sicherheit im Schienenverkehr.
Die Autoren des Buches zeigen auf, wie die DB AG, anstatt in das Streckennetz, in die Wartung und in funktionierende Züge zu investieren, zunehmend als «Global Player» agiert. Wie die Kommandohöhen der Deutschen Bahn inzwischen ausschließlich von Bahnfremden bestimmt werden und wie die Bahnpolitik, wie sie die Bundesregierung und die EU betreiben, als integraler Bestandteil einer allgemeinen Verkehrspolitik zu verstehen ist, die in erster Linie auf den Straßen- und den Luftverkehr und auf die Container-Schifffahrt setzt.
Schließlich skizzieren sie, wie eine überzeugende Struktur der Bahn und eine Verkehrs- und Bahnpolitik aussehen müssen und plädieren in diesem Kontext für öffentliche Eigentumsformen mit dem Grundsatz «so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig».

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Das Buch wurde von Bernhard Knierim und Winfried Wolf gemeinsam verfasst. Stuttgart (Schmetterling-Verlag) 2014; ISBN 3-89657-071-4, 256 Seiten, 22,80 Euro

Weitere Informationen zum Buch sind auf der Homepage des Verlages zu finden: http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-071-4.htm

Ein ausführliches Interview mit Bernhard Knierim zur Bilanz der Bahnreform findet sich auf Telepolis: http://www.heise.de/tp/artikel/43/43840/1.html

Die Nachtzüge – Schon wieder das Ende eines Zugsystems?

Am 11. Dezember fuhr zum letzten Mal der Nachtzug von Berlin nach Paris. Danach wird es – wenn man von dem Spezialfall des nur an einigen Tagen in der Woche verkehrenden Zuges Moskau–Paris einmal absieht – keine direkte Bahnverbindung mehr zwischen den beiden wichtigsten europäischen Hauptstädten geben. Dabei ist dieser Zug keineswegs schlecht ausgelastet, sondern erfreut sich größter Beliebtheit. Wer mitfahren will, muss wochenlang vorher buchen, weil der Zug regelmäßig ausgebucht ist. Der Grund für die Stilllegung laut DB AG: Die hohen Trassengebühren in Frankreich und der Aufwand des Lokwechsels. Wer sich eben noch in einem zusammenwachsenden Europa wähnte und an die moderne Technik mit Zweisystem-Triebfahrzeugen denkt, wird sich jetzt verwundert die Augen reiben. Auch andere Nachtzugrouten sind bereits abgeschafft worden, so z.B. von Berlin nach Warschau, Riga, Sankt Petersburg, Odessa, Stuttgart, Südtirol oder Brüssel, ganz zu schweigen von den längst verschwundenen klassischen Fernreisezügen bis nach Istanbul. Fahren nach 162 Jahren Nachtzug-Geschichte bald gar keine dieser Züge mehr durch Deutschland?

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Die S-Bahn-Krise in Berlin – ein gescheitertes Privatisierungsexperiment

Vor fünf Jahren war die „S-Bahn-Krise“ in Berlin in aller Munde und in allen Zeitungen; inzwischen ist es wieder stiller um sie geworden. Die Berliner S-Bahn ist jedoch ein interessantes Anschauungsobjekt dafür, wie eine kurzsichtige betriebswirtschaftliche Logik eine Bahn zugrunde richten kann.

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