Schlagwort-Archive: Privatisierung

Der Irrglaube an den Wettbewerb im Bahn-Fernverkehr

Ende Dezember veröffentlichte die Partei Bündnis 90/Die Grünen ihre Strategie für eine zukünftige Organisation der Bahn.[1] Den grundsätzlichen Zielen dieses Konzepts ist absolut zuzustimmen: Mehr Verkehr auf der Schiene, die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken und eine bessere und zuverlässigere Bahn. Zu diesem Zweck soll die bisherige Organisationsform der Aktiengesellschaft für die Deutsche Bahn (DB) endlich verändert werden. Auch dass das Schienennetz keine Bilanzgewinne mehr erzielen soll, ist eine sinnvolle Forderung. Schließlich ist das dafür zuständige Tochterunternehmen DB Netz AG inzwischen der mit Abstand größte Gewinnbringer des DB-Konzerns, steht dabei aber immer im gefährlichen Spannungsfeld zwischen dem Aufschieben von teuren Instandhaltungsmaßnahmen und den staatlichen Zuschüssen zum Unterhalt des Netzes – ein wesentlicher Grund für den schlechten Zustand vieler Gleise. Das Konzept der Grünen beinhaltet aber auch die Trennung des Schienennetzes und des Bahnbetriebs auf diesem Netz, der in eine GmbH überführt werden soll. Diesen Vorschlag hat auch die CDU – in Vorfreude auf eine mögliche schwarz-grüne Regierung – sofort begeistert aufgenommen. Doch eine solche Trennung hätte eine Reihe von negativen Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Und der mit dieser Trennung letztlich beabsichtigte Wettbewerb verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen auf dem Schienennetz bringt weitere Probleme mit sich, weil er zu einem scharfen Konkurrenzdruck zwischen den Unternehmen führt und Synergien zerstört. Um diese Konsequenzen und die Alternativen zu dieser Orientierung auf Trennung und Wettbewerb soll es in diesem Artikel gehen.

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Bitte umsteigen! 20 Jahre Bahnreform

Das Jahr 1994 brachte mit der Bahnreform und mit der Gründung der Deutschen Bahn AG die größte Veränderung im Verkehrsbereich seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Kritiker sahen in der Bahnreform allerdings bereits damals die Verschleierung der Bahnprivatisierung. Und sie sagten Verhältnisse voraus, wie es sie z.B. im Sommer 2013 in Mainz und Umgebung gab.
Inzwischen hat sich Ernüchterung breit gemacht: Nur im hoch subventionierten Nahverkehr gibt es eine Steigerung der Fahrgastzahlen. Die Qualität des Bahnverkehrs hat dramatisch abgenommen: Die Verspätungen nahmen zu, Ausfälle von Zügen sind heute an der Tagesordnung. Im Nahverkehr hat sich inzwischen ein Schein-Wettbewerb breitgemacht, in dem es vor allem um ein Drücken der Löhne geht. Inzwischen gibt es auch einen spürbaren Abbau der Sicherheit im Schienenverkehr.
Die Autoren des Buches zeigen auf, wie die DB AG, anstatt in das Streckennetz, in die Wartung und in funktionierende Züge zu investieren, zunehmend als «Global Player» agiert. Wie die Kommandohöhen der Deutschen Bahn inzwischen ausschließlich von Bahnfremden bestimmt werden und wie die Bahnpolitik, wie sie die Bundesregierung und die EU betreiben, als integraler Bestandteil einer allgemeinen Verkehrspolitik zu verstehen ist, die in erster Linie auf den Straßen- und den Luftverkehr und auf die Container-Schifffahrt setzt.
Schließlich skizzieren sie, wie eine überzeugende Struktur der Bahn und eine Verkehrs- und Bahnpolitik aussehen müssen und plädieren in diesem Kontext für öffentliche Eigentumsformen mit dem Grundsatz «so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig».

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Das Buch wurde von Bernhard Knierim und Winfried Wolf gemeinsam verfasst. Stuttgart (Schmetterling-Verlag) 2014; ISBN 3-89657-071-4, 256 Seiten, 22,80 Euro

Weitere Informationen zum Buch sind auf der Homepage des Verlages zu finden: http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-071-4.htm

Ein ausführliches Interview mit Bernhard Knierim zur Bilanz der Bahnreform findet sich auf Telepolis: http://www.heise.de/tp/artikel/43/43840/1.html

Die Nachtzüge – Schon wieder das Ende eines Zugsystems?

Am 11. Dezember fuhr zum letzten Mal der Nachtzug von Berlin nach Paris. Danach wird es – wenn man von dem Spezialfall des nur an einigen Tagen in der Woche verkehrenden Zuges Moskau–Paris einmal absieht – keine direkte Bahnverbindung mehr zwischen den beiden wichtigsten europäischen Hauptstädten geben. Dabei ist dieser Zug keineswegs schlecht ausgelastet, sondern erfreut sich größter Beliebtheit. Wer mitfahren will, muss wochenlang vorher buchen, weil der Zug regelmäßig ausgebucht ist. Der Grund für die Stilllegung laut DB AG: Die hohen Trassengebühren in Frankreich und der Aufwand des Lokwechsels. Wer sich eben noch in einem zusammenwachsenden Europa wähnte und an die moderne Technik mit Zweisystem-Triebfahrzeugen denkt, wird sich jetzt verwundert die Augen reiben. Auch andere Nachtzugrouten sind bereits abgeschafft worden, so z.B. von Berlin nach Warschau, Riga, Sankt Petersburg, Odessa, Stuttgart, Südtirol oder Brüssel, ganz zu schweigen von den längst verschwundenen klassischen Fernreisezügen bis nach Istanbul. Fahren nach 162 Jahren Nachtzug-Geschichte bald gar keine dieser Züge mehr durch Deutschland?

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Die S-Bahn-Krise in Berlin – ein gescheitertes Privatisierungsexperiment

Vor fünf Jahren war die „S-Bahn-Krise“ in Berlin in aller Munde und in allen Zeitungen; inzwischen ist es wieder stiller um sie geworden. Die Berliner S-Bahn ist jedoch ein interessantes Anschauungsobjekt dafür, wie eine kurzsichtige betriebswirtschaftliche Logik eine Bahn zugrunde richten kann.

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