Archiv der Kategorie: Mobilität, Verkehr und Energie

Mobilität und Gerechtigkeit

Als der ADAC ausgerechnet zur Zeit der Ölkrise 1974 mit dem Slogan „Freie Bürger fordern freie Fahrt“ gegen ein Tempolimit auf Autobahnen wetterte, brachte ihm das nicht nur Sympathien sondern auch zahlreiche Austritte ein. Anfang der 1990er Jahre postulierte der Jura-Professor Michael Ronellenfitsch ein allgemeingültiges „Recht auf Auto-Mobilität“ – mitsamt der notwendigen Abschaffung von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten, die „wie Krebsgeschwüre […] die Auto-Mobilität“ fräßen. [1] Die Existenz eines Grundrechts auf Mobilität ist unter Jurist(inn)en auch weiter heiß umstritten: Das Grundgesetz garantiert kein solches Recht, aber es wird immer wieder aus dem Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) oder dem auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) abgeleitet. Unabhängig davon ist es in der Gesellschaft aber weitgehend Konsens, dass zumindest moralisch alle Menschen ein Recht auf Mobilität im Sinne von Bewegungsfreiheit haben – nur ob diese unbedingt als Verkehr mit dem Auto stattfinden muss, daran scheiden sich die Geister. Die zentrale Frage dabei ist: Wem steht welche Art von Mobilität zur Verfügung und wer trägt auf der anderen Seite die Schäden, die der damit verbundene Verkehr verursacht? Beides ist in unserer Gesellschaft sehr ungleich verteilt.

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Essen im Tank

Warum Biosprit und Elektroantrieb den Klimawandel nicht aufhalten

Unter dem Eindruck von Klimakrise und absehbarer Erschöpfung fossiler Energieträger wie Erdöl wird über neue Technologien zur Fortsetzung des gängigen Mobilitätsmodells diskutiert: Aus Pflanzen hergestellte „Bio“kraftstoffe und Elektroautos sollen Abhilfe schaffen. Eine falsche Strategie, wie Bernhard Knierim darlegt.

Der Autor nimmt beide Technologien – die aus Agrarpflanzen hergestellte Energie und den elektrisch betriebenen Individualverkehr – kritisch unter die Lupe, erklärt sie allgemein verständlich und untersucht ihr Potenzial zur Lösung der ökologischen Probleme.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Wollte man unseren Verkehr ausschließlich mit aus Pflanzen gewonnenen Kraftstoffen betreiben, so würden die vorhandenen Agrarflächen dafür bei weitem nicht ausreichen. Ähnlich fällt eine kritische Analyse der Elektroautos aus: Sie schneiden kaum besser ab als Kraftfahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Auch steht Elektrizität aus erneuerbaren Energien auf absehbare Zeit nicht im Überfluss zur Verfügung. Und individualisierte Elektromobilität schafft neue Probleme, weil für ihre Herstellung zusätzliche Rohstoffe benötigt würden.

Knierim plädiert statt dieser angeblich „grünen“ Technologie  für eine Änderung der Struktur unserer Mobilität. Dazu ist es notwendig, das Verkehrswachstum zu stoppen. Noch immer versuchen uns die Profiteure des Status quo einzureden, dass neue Straßen und Flugrouten unsere Lebensqualität steigern würden. Das Gegenteil ist der Fall: Wir werden durch den wachsenden Verkehr nicht mobiler, sondern immer stärker belastet. Änderungen des Verkehrsverhaltens durch neue Anreize sind unabdingbar. Lösungen auf rein technischem Wege entpuppen sich in der Analyse als falsche Versprechen.

Eine solidarische Mobilität, wie sie in diesem Buch skizziert wird, würde nicht nur Umwelt und Klima sehr viel weniger belasten, sondern auch Mobilität für alle Menschen gewährleisten – inklusive Alten, Minderjährigen und Menschen mit Behinderungen, die in unserer Auto-zentrierten Gesellschaft oft nicht selbstständig mobil sein können.

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Wien (Promedia-Verlag) 2013; ISBN 978-3-85371-354-9, 240 Seiten, 17,90 Euro

Weitere Informationen zum Buch auf der Homepage des Verlages: http://www.mediashop.at/typolight/index.php/buecher/items/bernhard-knierim-essen-im-tank

Ein Interview mit Bernhard Knierim zum Buch auf Telepolis findet sich hier: http://www.heise.de/tp/artikel/40/40090/1.html

Die Ramsauer-Bilanz: verlorene Jahre für die Verkehrspolitik

Seit vier Jahren ist Peter Ramsauer nun der Chef des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Ob der CSU-Politiker den gleichen Job auch nach der Wahl weiter bekleiden wird, ist zumindest fraglich. Grund genug, eine kleine Rückschau auf die Amtszeit des Ministers und die Auswirkungen auf die Verkehrspolitik zu halten.

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